„Auf krumme Summen verzichten“

Die Abschaffung der 500-Euro-Scheine gilt bereits als beschlossene Sache. Doch auch den Ein- und Zwei-Cent-Münzen könnte es auf längere Sicht an die Existenz gehen. Die finanzpolitische Sprecherin der Union im Bundestag, Antje Tillmann (CDU), kann der Idee in Fünf-Cent-Schritten zu runden, wie es bereits im niedersächsischen Kleve praktiziert wird, viel Gutes abgewinnen. Warum, erklärte sie im Gespräch mit dem Berliner SZ-Korrespondent Stefan Vetter.

Frau Tillmann, früher hieß es, wer den Pfennig nicht ehrt, ist des Talers nicht wert. Soll das nicht mehr gelten?

Tillmann: Doch, natürlich. Ich bin aber dagegen, das per Gesetz zu regeln. Für die Bundesbürger hat das Bargeld einen sehr hohen Stellenwert. Wenn die Händler die Preise anders gestalten, oder bei den Preisen auf- und abrunden, dann ist das doch eine gute marktwirtschaftliche Lösung.

Der Wettbewerb lebt aber gerade von 1,22- oder 1,99-Euro-Preisen, sagen Experten.

Tillmann: Jeder kann doch rechnen und weiß deshalb, dass zwei Euro lediglich ein Cent mehr sind als 1,99 Euro. Ich jedenfalls könnte gut auf solche krummen Summen verzichten.

Durch das Auf- und Abrunden werden die Ein- und Zwei-Cent-Münzen überflüssig. Dann könnte man sie auch gleich abschaffen, zumal der Materialwert den Nennwert übersteigt.

Tillmann: Wie schon gesagt, auch ich könnte ohne diese Münzen leben. Abschaffen heißt aber nicht, eine neue Vorschrift daraus zu entwickeln. Wenn das Beispiel Kleve Schule macht, dann regelt sich das gewissermaßen von selbst. Denn wenn niemand mehr Ein- oder Zwei-Cent-Münzen beim Einkauf zurückbekommt, dann werden die im Geldverkehr automatisch keine Rolle mehr spielen. Es gibt allerdings auch eine Umfrage der Bundesbank. Und danach ist nur eine kleine Minderheit für die Abschaffung dieser Münzen .

Würde die Abschaffung des Kleinstgeldes zu einem unbekümmerteren Geldausgeben führen?

Tillmann: Ich denke nicht, dass die Abschaffung der Ein- und Zwei-Cent-Münzen hier etwas ändert. Dafür ist der Nennwert zu gering.

Über die kleinsten Cent-Stücke wird auch deshalb diskutiert, weil sich die meisten Banken das Zählen und Überprüfen solcher von Händlern eingezahlten Münzen mittlerweile bezahlen lassen. Halten Sie ein solches Vorgehen für gerechtfertigt?

Tillmann: Für jede Leistung, die ich in Anspruch nehme, muss ich bezahlen. Und wenn Banken beim Zählen der Münzen zusätzlichen Aufwand haben, dann kann das doch nicht die kleine Rentnerin mit ihrem Sparguthaben bezahlen.

Auch der finanzpolitische Sprecher der SPD , Lothar Binding , hält die kleinen Münzen für verzichtbar. Bahnt sich da womöglich doch eine schwarz-rote Lösung an?

Tillmann: Dass Lothar Binding die kleinen Münzen für verzichtbar hält, heißt noch nicht, dass er sie per Gesetz abschaffen möchte. Mir gegenüber hat er das jedenfalls noch nicht geäußert. Wenn doch, wäre das mit uns aber nicht zu machen. Zumal es wirklich wichtigere Probleme gibt. Das gilt übrigens für die gesamte Bargeld-Diskussion.

Zum Thema:

HintergrundEin Abschied vom 500-Euro-Schein könnte teuer werden. Nach Informationen der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" würde eine Abschaffung der größten Euro-Banknote im günstigsten Fall weit mehr als 500 Millionen Euro kosten. Das zeigten Schätzungen der nationalen Notenbanken und der Europäischen Zentralbank (EZB).Bei den Kosten geht es vor allem um den Druck alternativer Scheine. Wenn die größte der insgesamt sieben Euro-Banknoten nicht mehr zur Verfügung stünde, müssten die bislang kursierenden 600 Millionen 500er in kleinere Noten umgetauscht werden. Hinzu kämen Kosten für die Logistik des Umtausches. dpa

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