China gelingt diplomatischer Coup

Peking · Gegen den Widerstand der USA hat China die globale Finanzordnung verändert und die Gründung einer neuen Infrastrukturbank für Asien durchgesetzt. Sie soll die Wachstumsregion voranbringen – auch mit deutscher Hilfe.

Die chinesische Regierung verzeichnet in diesen Tagen gleich mehrere finanzpolitische Triumphe. Während Premier Li Keqiang bei einem Gipfel in Brüssel als Geldgeber für das krisengeschüttelte Europa auftritt, verwirklicht Präsident Xi Jinping in Peking eines seiner wichtigsten Projekte: die Gründung der Asiatischen Infrastruktur-Investmentbank AIIB. Vertreter aus 57 Ländern haben gestern die Gründungsurkunde der Bank unterzeichnet, die maßgeblich von China finanziert wird. Zu den Gründungsmitgliedern gehört auch Deutschland, das sich mit 900 Millionen Dollar Kapital und mit Kreditgarantien beteiligt. Xi hat die AIIB aus Frust über die bestehenden Förder-Institutionen ins Leben rufen lassen. Die Weltbank und der Internationale Währungsfonds (IWF) erscheinen ihm nicht mehr zeitgemäß: Trotz der steigenden weltweiten Bedeutung der Schwellenländer haben sie dort nicht den angemessenen Einfluss erhalten. Die USA haben sich dagegen gesträubt, ihnen mehr Stimmrechte zuzugestehen.

Die Amerikaner fehlten denn auch bei der Unterzeichnung der Gründungsakte. Sie haben sogar noch versucht, ihre Verbündeten vom Beitritt abzuhalten. Vergeblich. Ausgerechnet die Briten waren bemüht, in Peking als eifrige Unterstützer wahrgenommen zu werden. Sie erhoffen sich Vorteile für den Finanzplatz London. Deutschland, Frankreich und Italien haben sich vorher abgesprochen und dann ihre Teilnahme erklärt.

China und die Eurogruppe helfen sich auch gegenseitig: Auf Gesprächen in Brüssel sagte Premier Li weitere chinesische Investitionen in Europa zu. China hat vor, weltweit in den kommenden zehn Jahren 1250 Milliarden Dollar zu investieren.

China gibt in der neuen Weltbank-Konkurrenz AIIB den Ton an. Das Land zahlt ein Drittel des Kapitals der Bank von 100 Milliarden Dollar ein und sichert sich damit 26 Prozent der Stimmrechte - genug, um Entscheidungen notfalls zu blockieren. In Peking wird erwartet, dass Jin Liqun der Gründungspräsident wird, ein erfahrener Finanzexperte, der dem Aufsichtsrat des chinesischen Staatsfonds vorsitzt.

Deutschland kommt mit seinem Beitrag auf Platz vier der Investoren und positioniert sich als größter Geldgeber außerhalb der Region Ostasien. Die europäischen Mitgründer der AIIB achten nun eifersüchtig darauf, welche Gegenleistungen sie für ihre Teilnahme erhalten. Großbritannien hofft, dass die Bank eine Zweigstelle in London eröffnet. Auch die Besetzung eines Vizepräsidenten-Postens ist im Gespräch, ebenso wie ein Sitz im Direktorium der Bank. Deutschland kann sich Frankfurt als Standort für die AIIB-Zweigstelle vorstellen. In Berlin wird ebenfalls erwartet, dass Deutschland im Management vertreten sein wird.

Deutschland und andere europäische Mitglieder sehen sich selbst als "Garanten", dass die von China geführte Infrastrukturbank doch nicht zum Rivalen für Weltbank , Asiatische Entwicklungsbank (ADB) oder IWF wird, sondern eher als sinnvolle Ergänzung operiert. "Wir wollen komplementäre, nicht alternative Strukturen", betont ein europäischer Diplomat.

Großer Investitionsstau

Für die neue Bank gibt es jedenfalls genug zu tun. Infrastrukturinvestitionen sind lange vernachlässigt worden. ADB-Experten schätzen den Bedarf bis 2020 auf jährlich 750 Milliarden US-Dollar. "Bestehende Entwicklungsbanken wie die Weltbank und ADB können diesen Bedarf alleine nicht decken", sagt Sandra Heep vom Merics China-Institut. "Wenn die AIIB es schafft, durch den Ausbau von Straßen, Schienennetzen und Telekom-Netzwerken eine neue Wachstumsdynamik in Asien zu entfachen, wird auch der Rest der Welt davon profitieren."

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